Politische Lyrik steht dieses Schuljahr auf dem Lehrplan der Zehner: im Normalfall kein Selbstläufer für die im Schnitt Sechzehnjährigen. Doch Gerrit Bernstein und Reinhold Rolser, zwei Schauspieler des Überzwerg-Theaters, überraschten die Zehnerklassen mit einer ungewöhnlichen Lyrik-Lesung: Wie bei einem Verhör saßen die beiden Leser in der Mitte eines engen Kreises von Schülern. Sie lasen aus über dreißig Gedichten, von Bachmann bis Brecht, von Mühsam bis Enzensberger, die sie in einander verwoben vortrugen. Die Beiden bezogen die Schülerinnen und Schüler immer wieder in den Vortrag mit ein – wenn es zum Beispiel um staatliche Bespitzelung ging, leuchteten sie mit der Taschenlampe in die verwunderten Gesichter. Der Austausch am Ende zeigte, dass die Zehner sich in den Bann der Gedichte hatten ziehen lassen – „Man konnte sich gut in diese Situationen einfühlen“, kommentiert Yannis. Ein gelungener Einstieg in die Unterrichtsreihe, die hoffentlich zeigen wird, dass Gehirn, anders als Erich Kästner ironisch behauptete, durchaus auch etwas was für ‚kleine Leute‘ ist.
Die Lesung wurde mit Unterstützung des Friedrich-Bödecker-Kreises e.V. organisiert.